In der letzten Woche ist veröffentlicht worden, dass ein weiträumiger Bereich um die Reilstraße 76, 77 und 78 via Kameraüberwachung observiert wurde. Somit ist anzunehmen, dass viele Personen, die die 78 besuchen, die linkspolitisch aktiv sind oder die in der Reil 76 wohnen oder in ihrem Alltag häufig an diesem Ort sind, abgefilmt wurden. Das heißt, eine unbekannte Anzahl von Menschen, Genoss*innen, Anwohner*innen und Passant*innen wurde Teil repressiver Maßnahmen des Staats, die mit der vermeintlichen Sicherheit der Allgemeinheit gerechtfertigt werden.
Das, was in erster Linie bei vielen von uns hängenbleibt, ist ein Gefühl der Unsicherheit und die ungewisse Gewissheit, dass Cops und Co ein Stück weiter an uns herangerückt sind. Wir sind nicht allzu schockiert von dieser Maßnahme, da wir als linke Bewegung sowohl in der Vergangenheit, als auch angesichts der realpolitischen Lage auf derartige Diskreditierungen gefasst sein mussten und müssen.
Daher wollen wir diese beschissene Situation dazu nutzen, uns nochmal daran zu erinnern, dass wir aufmerksam sein müssen! Wir müssen aufpassen, wie wir uns in politischen Räumen und mittlerweile auch unserem Alltag äußern und verhalten. Wir wollen uns nicht einschüchtern lassen, wir wollen nicht aufhören, aktiv zu sein und uns weiterhin entschlossen gegen die rechte Machtnahme zu wehren und eine solidarische Perspektive erkämpfen. Doch wir müssen achtsam sein, uns gegenseitig darin schulen und immer wieder erinnern, uns so sicher wie möglich, aber auch alltagstauglich zu verhalten und zu organisieren.
Was ist damit gemeint?
• Überlegt euch, wie ihr euch nach Außen, auf Arbeit, in der Ausbildung, etc. gebt und inwieweit ihr wollt, dass andere Personen von eurer politischen Einstellung wissen – hierbei ist alles ok, sofern ihr damit keine Strukturen gefährdet oder Informationen über politische Gruppen/Genoss*innen offenlegt.
• Haltet euer Zuhause sauber! Überlegt euch, mit welcher Art von Aktivismus und Tätigkeit ihr in Verbindung gebracht werden wollt und achtet darauf, was für Flyer, Unterlagen, Aufzeichnungen bei euch zu finden sind und ob das möglicherweise euch oder andere Menschen bei einer potenziellen Hausdurchsuchung gefährden könnte.
• Sucht euch einen solidarischen Anwält*in raus, damit ihr in einem rechtlichen Notfall direkt auf einen Kontakt zurückgreifen könnt.
• Achtet darauf, dass eure Datenträger, Handys, USB-Sticks, Laptops, etc. verschlüsselt sind und niemals entsperrt sind, wenn ihr nicht im Raum seid.
• Achtet auf verschlüsselte Kommunikation via Signal, Element, PGP, das Einstellen von selbstlöschenden Nachrichten und eine sicherere Internetnutzung durch VPN’s.
• Versucht Wissenslücken bezüglich Sicherheitsfragen zu schließen, fragt Freund*innen oder Antirep Gruppen in eurem Umfeld – es gibt keine blöden Fragen!
• Lasst euch nicht anquatschen! Hinterfragt, wenn Unbekannte euch zu politischer Aktivität oder aktuellen Themen wie dem Antifa Ost oder Budapest Komplex befragen, …
• Achtet auf eure Umgebung! Kommen euch Autos oder Gegenstände komisch vor, die neuerdings andauernd in eurem Umfeld auftauchen..?
• Besprecht, wenn möglich, mit euren Mitbewohner*innen oder Familienmitgliedern wie man sich bei Hausdurchsuchungen vorbereiten und verhalten kann, ob es z.B. sinnvoll wäre Zimmer mit Schlössern und Namen zu versehen, um sicherzugehen, dass nicht alle Räume der WG durchsucht werden, da offiziell nicht alle zu jedem Raum Zugang haben.
• Gebt eurem Umfeld und/oder Antirep-Gruppen Bescheid, wenn euch etwas komisch vorkommt oder wenn ihr angequatscht wurdet.
• Und zu guter Letzt wie immer: Keine Aussagen und Kooperation mit der Polizei und dem Staat!
Repression in Form von Überwachung unserer Privat- und Politleben, Überwachung der Telekommunikation oder Hausdurchsuchungen werden sich zunehmend immer enger um uns legen und häufiger zu unserer Realität werden. Daran sollten wir uns nicht in Form von Akzeptanz gewöhnen oder uns zurückziehen! Wir müssen damit umgehen und anfangen zu reagieren! Behaltet stets im Hinterkopf, um Repressionen in oben genannter Form zu erfahren, müsst ihr keine krassen Gangster*innen sein, wilde Sachen machen oder tagein, tagaus ein Gebäude sprengen…
Jegliche Art von Positionierung und Aktivismus über Antira, Antifa, Recherche, Antirep , Klima und No Border Arbeit, … können euch zur Last gelegt werden! Nochmal deutlich: Das sagen wir nicht um Angst zu machen – das sagen wir, um euch zu ermutigen weiter zu machen! Aber denkt immer daran, ihr seid nicht schuldig nur weil der Staat euch Repressionen aufbrummt, das sind Versuche uns klein zu halten und in bürgerliche Bahnen zu pressen!
Bei allen Fragen rund um Repression könnt ihr gerne zu uns in die Sprechstunde kommen! Jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat zwischen 18 und 19 Uhr im VL-Infoladen.
Bleibt Stabil! Bleibt Wachsam! Und lasst euch nicht die Straße nehmen!
Eure Rote Hilfe Ortsgruppe Halle (Saale)